Forschung

Vom generischen zum spezifischen Raum | Das Nachverdichtungspotenzial von Parkraum in dichten, städtischen Quartieren am Beispiel vom Franzosenviertel in Haidhausen, München

In den 1960er und 70er Jahre und zum Teil noch später werden in den Städten zahlreiche Parkhäuser als wichtiger Teil der ‚autogerechten Stadt‘ gebaut. Längs- und Querparkierungen mit mittiger Fahrspur prägen bis heute das Straßenbild der Stadt. Zusätzlich ist das Gros des innerstädtischen Gebäudebestandes mit Tiefgaragenstellplätzen unterkellert. In der Erkenntnis, dass das Automobil die Umwelt und Gesundheit schädigt und den Stadtraum teilweise zerstört, steht dem ehemaligen Ideal der autogerechten Stadt und der ‚Nutzungsentmischung‘ heute die Vorstellung einer dicht belebten und von vielfältigen, möglichst kleinteiligen Nutzungen geprägten Innenstadt und die Nutzung von öffentlichen Nahverkehr sowie gemeinschaftlicher Mobilitätssysteme gegenüber. Hinzu kommt, dass die fortschreitende Urbanisierung zu einem hohen Bedarf an Wohn- und Arbeitsraum sowie sozialer Infrastruktur in Städten führt. Aufgrund des damit einhergehenden hohen Veränderungs- und Nachverdichtungsdrucks bei gleichzeitiger Knappheit an Boden und endlichen Ressourcen, hat

die Reduktion von Parkraumnicht nur aus klimatischen Aspekten gesellschaftliche Relevanz. Nach einer aus menschheitsgeschichtlichen Gesichtspunkten kurzen, aber für die Städte auswirkungsvollen Hektode des Automobils, wird im Rahmen des Promotionsvorhabens, das baulich strukturelle Nachverdichtungspotential, das durch alternative Verkehrskonzepte und dem damit verbundenen Wegfall bzw. der Umnutzung von Parkständen und Stellplätzen freigesetzt werden kann, exemplarisch an fünf Fokusorten mit Bezug auf das Quartier untersucht. Mit der Arbeit soll entdeckt werden, welche Auswirkungen dies auf die Bestände hat und welche Reaktionen auf die Änderungen von Anforderungen notwendig sind, um einen ehemals vom Automobil ‚genutzten‘ Raum einer neuen Nutzung zuzuführen um in einem ‚autogerechten’, dichten Bestandsquartier die Lebensqualität, bei gleichzeitiger Nachverdichtung, zu erhöhen.

Dissertationsprojekt von M.A., Architekt MAA Clemens Hoyer

Die deutschen Siedlungsbauten im Werk von Richard J. Neutra | Die BEWOBAU-Siedlungen in Mörfelden- Walldorf, Quickborn und Georgenborn

Richard J. Neutra Schon während seines Studiums an der Technischen Hochschule Wien pflegt Richard Neutra Kontakt mit Otto Wagner, Adolf Loos und Rudolf Schindler, die seine Sicht auf Architektur und die amerikanische Kultur prägen. 1923 wandert Richard Neutra nach New York aus, siedelt im darauf folgenden Jahr nach Chicago über und macht die Bekanntschaft von Louis Sullivan und Frank Lloyd Wright. Mit seinen Büchern „Wie baut Amerika?“ von 1927 und „Amerika. Die Stilbildung des Neuen Bauens in den Vereinigten Staaten“ dokumentiert er ausführlich die technischen

Entwicklungen des industriellen Bauens für das deutsche Fachpublikum und präsentiert zugleich seine eignen Entwürfe für eine „Rush City Reformed“, ein Idealstadtprojekt im Sinne von Mobilität und Geschwindigkeit. Mit dem „Health House“ für den Arzt Phillip Lovell kann er 1929 seine Idee der gesunden Architektur erstmals in die Realität umsetzen. Neben großzügigen Bungalows plant er auch städtische Arbeitersiedlungen, wie Channel Heights in San- Pedro, CA 1942. Nach dem Krieg beginnt er, seine Lehr- und Publikationstätigkeit stetig auszubauen. Seine Reisen führen ihn häufig nach Europa, bis er 1966 zurück nach Wien übersiedelt. 1970 stirbt Neutra bei einer seiner Vortragsreisen in Wuppertal an einem Herzinfarkt.Die Siedlungen1960 beauftragt die BEWOBAU, eine Hamburger Wohnungsbaugesellschaft, Richard Neutra mit der Planung mehrerer Siedlungsprojekte in Deutschland. In Walldorf bei Frankfurt/Main und in Quickborn bei Hamburg entstehen so ein- bzw. zweigeschossige Einzel- und Doppelhäuser als neun verschiedene Typenhäuser.Beide Neubaugebiete liegen inihrer Entstehungszeit im Grünen und sind dennoch jeweilsverkehrsgünstig an die benachbarte Großstadt angeschlossen.In Quickborn übernimmt derHamburger Landschaftsarchitekt Gustav Lüttge die Gestaltung des Außenraums, dessenAnsätze sich auch in Walldorfwiderspiegeln. Neutra lotet in den Siedlungen die Aspekte der Verdichtung bei gleichzeitig hochwertiger und standartisierter Gestaltung, wie auch größtmögliche Privatsphäre der Wohnungen im Siedlungskontext aus. Die Gärten umschließen die Häuser allseitig und bilden die optische Erweiterung der Innenräume. Großzügige Wohn-Essbereiche, die nur durch Wandscheiben gefasst in den Außenraum fließen, kontrastieren kompakte Schlafbereiche mit integrierten Wandschränken. Hochwertige Materialien bestimmen das Erscheinungsbild. Aufgrund der hohen Kosten verkaufen sich die Häuser jedoch nur schleppend, sodass spätere Bauabschnitte nicht realisiert werden. Trotz großen Engagement Neutras wird die Zusammenarbeit für eine weitere Siedlung in Georgenborn bei Wiesbaden eingestellt. ForschungsfrageDie durch Neutra postulierten Ansprüche an nachhaltige Architektur in Sinne des Biorealismus, sollen anhand seiner Veröffentlichungen und ihrer Umsetzung in seinen deutschen Siedlungsbauten überprüft werden. Kann die Tragkraft seiner theoretischen Ansätze auch anhand der Siedlungsbauten, die außerhalb seines zentralen Tätigkeitsfeldes liegen, nachgewiesen werden? Worin gleichen oder unterscheiden sich Neutras deutsche Siedlungsbauten im Vergleich mit seinen amerikanischen, wie z.B. Channel Heights – eine 1942 errichteten Arbeitersiedlung ? Dabei muss der Einfluss des Auftraggebers ebenso in Betracht gezogen werden, wie die allgemein sozio-kulturelle Struktur der jeweiligen Entstehungszeit, als auch die spezifischen lokalen Einflüsse der unterschiedlichen Baugebiete. Nach bisherigen Recherchen zeichnet sich trotz schwieriger Datenlage ein erstes, durchaus ambivalentes Verhältnis Neutras zu den Siedlungsbauten in Kooperation mit der BEWOBAU ab, das durch die Sparmaßnahmen des Bauträgers geprägt wird. Gleichwohl zeigt sich auch in Neutras grundsätzlicher Arbeitsweise eine Faszination für Standardisierung und kostengünstige Bauweisen, die sich unter anderem in seinen katalogartigen Detail-Lösungen im Büroalltag niederschlagen. Neutras Anspruch eine lebenslange Bindung der Bewohner an ihre Häuser durch ein großes Maß an Flexibilität und nutzerorientierte Planung zu generieren, führt zu einem Konzept der planerischen Permanenz, das einen elementaren Baustein in den aktuellen Debatten um Nachhaltige Architektur bildet.

Dissertationsprojekt von Isabell Schütz M.Sc.

Fakten und Artefakte: Der Einfluss Ideologischer Strömungen in der Wohnarchitektur der 70er | Wie lassen sich die Einflüsse abstrakter Kunst, philosophischer, soziologischer, kultureller Konzepte auf die Architektur visualisieren?

Die 70er Jahre sind ein turbulentes Jahrzehnt, das politische Unruhen und soziale Fragen mit sich bringen. Die Architektur entfernt sich von den lange gehaltenen Regeln der Klassischen Moderne. Eine neue Generation von Architekten entsteht und bildet ein Kommunikationsnetzwerk, dass den Austausch von Ideen außerhalb des akademischen Diskurses fördert und erweitert.
Diese neue Gruppe von Architekten ist der Ansicht, dass Architektur mehr als die Schaffung von isolierten Strukturen ist, sondern auch soziale und ökologische Erwägungen erfordert. Individuelle

Konzepte und der Wunsch, Veränderung und Formlosigkeit auszudrücken, kreieren eine Ungleichheit zwischen Theorie und Praxis in der Architektur. ForschungsfragenLeitgedanke der geplanten Dissertation ist die Erforschung des Einflusses von ideologischen Strömungen in der Wohnarchitektur. Der Untersuchungszeitraum ist von 1970 bis 1979. Darüber hinaus wird die Wirkung der ausgewählten Artefakte auf die Architektur des ausgehenden 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts beleuchtet. Ausgehend von Sol LeWitt und Lawrence Weiners Argumentation, „die Idee oder die Konzeption ist der wichtigste Aspekt der Arbeit“, wird die interdisziplinäre Arbeit in drei Hauptteilen erforscht. Als Ausgangspunkt für die weiteren Bearbeitungsschritte wird zuerst das politische, wirtschaftliche und soziale Gefüge der unterschiedlichen Standorte analysiert sowie Gemeinsamkeiten und lokale Spezifika herausgearbeitet. Darauf basierend werden die zeitgenössischen Konzepte ermittelt und in den Kontext der modernen Architekturtheorie eingeordnet.Die Dissertation versucht, eine kontinuierliche Geschichte dieser Periode der Architektur durch eine systematische Forschung herauszuarbeiten. Ich sehe dies als eine Gelegenheit, um die Geschichte der wegbereitenden architektonischen Entwicklung dieses Jahrzehnts zu erforschen, die eine drastische Modernisierung vollzieht, die Architektonische Produktion in neuen Forschungsmodellen begründet, die eine Vielzahl von Architekten dazu veranlässt die Moderne neu zu untersuchen und die den Status der Architektur als Disziplin neu zu definieren. Die Illusion, eine Utopie in der Zukunft zu finden, bricht zusammen, und indem sie ihren Fokus auf die Gesellschaft um sie herum legen, beginnen die Architekten, die Bedeutung der Moderne und der historischen Perspektive neu zu untersuchen. Diese Strömung entsteht aus dem Wunsch, die gebaute Umwelt neu zu definieren, indem sie aus dem Leben in der realen Welt lernen. Das Promotionsvorhaben dient als Leitfaden für eine hypothetische Tour durch acht ikonische Architektur- und Kunstwerke der 70er Jahre, die repräsentativ für die verschiedenen ideologischen Strömungen der damaligen Zeit stehen. Darin werden die wichtigsten theoretischen Prinzipien benannt und ihr Einfluss auf den Schaffensprozess der Artefakte erläutert. Mittels empirischer Forschung ist eine werkübergreifende Reflexion der Architektur in transdisziplinärer Perspektive möglich. Der Vergleich zwischen Wohnhaus und Kunstwerk dokumentiert das komplexe Verhältnis zwischen erster Idee, deren Darstellung und Materialisierung.Der Begriff der „Unsichtbaren Bilder“ versucht dabei die Wahrnehmbarkeit der theoretischen Prinzipien zu erfassbar und qualitativ messbar zu machen. Mittels der vier gewählten Gruppen aus je einem Kunstwerk und einem Gebäude: Gehry Residence+Spliting House, White U House+Sun Tunnels, House VI+Nourish The Collapse und Casa Gilardi+Scrim Veil-Black Rectangle-Natural Light, wird diese Konkretisierung von Theorien überprüft. Ziel ist es, Querverbindungen zwischen architektonischen Konzepten und unterschiedlichen Herangehensweisen an das Planen, Bauen und Nutzen von Räumen aufzuzeigen.

Dissertationsprojekt von Néstor Pérez Batista Dipl.-Ing.

Herman Hertzbergers Schulen im Wandel der Zeit

In diesem Promotionsvorhaben soll retrospektiv der Beitrag Hermann Hertzbergers zur Entwick-lung des Schulbaus anhand der Analyse einer Auswahl Hertzbergers gebauter Schulen undseiner Schriften untersucht werden. Hertzberger beschäftigt sich an der Schnittstelle zwischen Architektur und Pädagogik intensiv mit der Wechselwirkung zwischen Raum und sozialem Verhalten. Er sucht nach Strukturen und Ordnungsprinzipien, die einerseits Orte für Kommunikation, Gemeinschaft und Begegnung bereithalten, andererseits aber den Raum für maximale Privatheit, Konzentration und Rückzug bieten. Inspiriert von reformpädagogischen Tendenzen sucht Hertzberger in seinen Werken nach neuen Räumen für neues Lernen. In seinen Schriften thematisiert er sein Denken und seine Entwurfsstrategien zum Schulbau und manifestiert durch die Formulierung von Thesen zur Gestaltung von Schulräumen einen eigenen Ansatz. Im Bezug auf den aktuellen Diskurs im Bildungsbau stellt sich die Frage nach der Aktualität der von Hertzberger entwickelten Thesen zum Schulbau und deren architektonischen

Entsprechungen, sowie deren Anwendbarkeit und Entwicklung im Kontext gesellschaftlicher, schulpolitischer und pädagogischer Veränderungen.

Neben Literatur-, Typologie- und Grundrissstudien, sollen Hertzbergers Thesen anhand von Feldstudien evaluiert und auf ihre Relevanz überprüft werden.

Ziel dieses Promotionsvorhabens ist es, einen Beitrag zum aktuellen Schulbaudiskurs zu leisten und in diesem Sinne Hertzbergers Schriften, Thesen und Bauten kritisch zu hinterfragen, um somit zu neuen Erkenntnissen zu kommen.

Promotionsvorhaben von Lars Otte Dipl.-Ing. (FH)

Forschungsinitiative ZukunftBau | Modellvorhaben zum nachhaltigen und bezahlbaren Bau von Variowohnungen
Altes Arbeitsamt Meschede

Im Rahmen der Forschungsinitiative ZukunftBau zum nachhaltigen und bezahlbaren Bau von Variowohnungen werden vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen und demografischen Entwicklung in Deutschland Modellvorhaben gefördert, die flexibel den besonderen Anforderungen von unterschiedlichen Nutzergruppen wie zum Beispiel Studenten, Auszubildenden und Rentnern gerecht werden. Ziel dieser Förderung ist es, den Bau und die Nutzung nachhaltiger, rationeller und mit möglichst geringer Kosten schnell zu er- richtender Kleinwohnungen, sogenannter Variowohnungen, zu evaluieren und weiterzuentwickeln. Derartige Variowohnungen

sollen im ehemaligen Verwaltungsgebäude des Arbeitsamtes Meschede entstehen, welches seit dem Umzug des Arbeitsamtes im Jahr 2001 nicht mehr genutzt. Aufgrund eines Überhangs an Büroflächen in der Innenstadt von Meschede durch Standortverlegungen einzelner Büro- und Dienstleistungsbetriebe und Ausgliederungen von Tätigkeitsbereichen des Arbeits- amtes auf den Hochsauerlandkreis konnte bislang keine neue Nutzung gefunden werden. Demgegenüber besteht ein erhöhter Bedarf an Kleinstwohnungen für Studierende der Fachhochschule Südwestfalen, deren Studierendenzahlen in den letzten Jahren stark ansteigen. Auch für die Auszubildenden des Krankenhauses Meschede und der Einrichtungen des Kolping Bildungswerkes erscheint der Bau von Variowohnungen am Standort des Gebäudes in der Steinstraße26 attraktiv. Durch die Anpassungen des Bestandes an die Bedürfnisse der Studierenden in Form der Entwicklung von bezahlbarem Wohnraum soll die Attraktivität des Hochschulstandortes weiter ausgebaut werden. Ziel der Umbaumaßnahme ist daher die Umwandlung der be- stehenden Gebäudestubstanz von einem Verwaltungsgebäude hin zu einem Wohn- und Bürogebäude mit Variowohnungen im Erdgeschoss, 1. und 2. Obergeschoss sowie zwei Büroetagen im 3. und 4. Obergeschoss.Durch die Umnutzung bereits bestehender Gebäudesubstanz soll gegenüber einem Neubau der Vorteil der bereits bestehenden monolithischen Tragstruktur genutzt und die Bauzeit damit verkürzt werden. Eine aufwändige Baufreimachung und Erschließung des Grundstückes wird vermieden. Wissenschaftliche Untersuchung der Bauweise und Baukonstruktion Gegenstand der wissenschaftlichen Untersuchung bildet die Analyse der geplanten Bauweise und Baukonstruktion mit dem Ziel der Beschleunigung des Bauablaufes und der Sicherstellung möglichst geringer Bau- kosten und Ressourcen. Dabei wird die im Bestand vorhandene Konstruktion dargestelltund die geplante Bauweise mit konventionellen Bauweisen verglichen. Es werden insbesondere die durch die Planer zur Beschleunigung des Bauablaufes vorgesehenen modularen Bau- weisen und die Möglichkeiten der Vorfertigung untersucht sowie alternative Konstruktionsmethoden gegenübergestellt. In diesem Zusammenhang werden Prinzipdetails der Konstruktion zeichnerisch dokumentiert.Bewertung der gemischten Nutzung und flexiblen Nachnutzung Es werden die bei den geplanten Wohnungstypen vorgesehenen Möglichkeiten variabler Nutzung bzw. Nachnutzung untersucht und die räumlichen und gestalterischen Qualitäten bewertet. Dabei wird die Nut- zungsvielfalt zeichnerisch und textlich dargestellt und zugleich der hierfür erforderliche konstruktive Mehraufwand erfasst und beschrieben. Ökonomische Betrachtung des KonzeptesUm die Baukosten und das bauliche und technische Konzept zu evaluieren werden entsprechende Kennwerte ermittelt und Daten aus anerkannten Datenbanken sowie eigenen Erfahrungswerten gegenübergestellt. Diese Untersuchungen erfolgen kontinuierlich in allen Leistungsphasen, um Veränderungen in der Projektentwicklung aufzuzeigen.

Projektleitung: Ingmar Kutz Dr.-Ing.